Gründung und Vorgeschichte

Es beginnt offiziell mit einer Unterschrift. Am 25. März 1949 unterzeichnen die Bischöfe der drei Bistümer Limburg, Mainz und Fulda im katholischen Marienkrankenhaus in Frankfurt den Gesellschaftsvertrag für das Gemeinnützige Siedlungswerk (im Folgenden: GSW). Auch die Caritasverbände der Bistümer gehören zu den ersten Gesellschaftern. Das Siedlungswerk soll Kleinwohnungen schaffen und beim Bau von Eigenheimen unterstützen, also die Wohnungsnot lindern, die auch einige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch groß ist. Mit dem Wohnungsunternehmen gibt es nun einen Rahmen für die Bemühungen, Wohnraum zu schaffen, die bereits 1945 begonnen haben.

Sozialer Auftrag: Hilfe durch die Kirche 1949

Nach dem Krieg fehlt es den Menschen am Nötigsten, es herrschen Hunger und Armut. Auch Frankfurt am Main gleicht im Frühjahr 1945 einer Trümmerlandschaft, über die Hälfte der Wohnungen sind zerstört. Die in der Stadt verbliebenen Menschen leben häufig ohne Strom- und Wasserversorgung in Kellern. Der Wohnungsmangel wächst weiter durch Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten.

Katholische Geistliche und Laien sehen die Not und möchten helfen. Doch es braucht einen organisatorischen Rahmen, um Wohnraum zu schaffen. Bald nimmt der mit zwei Mitarbeitern besetzte Siedlungsdienst seine Arbeit auf, betreut von Bischof Maximilian Kaller. Er setzt sich für finanzielle Unterstützung durch die Diözesen ein. Zunächst berät man Siedlervereinigungen, die sich in der Region gebildet haben und Betreuung benötigen, und unterstützt die Bildung neuer Siedlerzusammenschlüsse.

Um selbst Wohnbau betreiben zu können, braucht der Siedlungsdienst eine klare Rechtsform, sodass zunächst die Gemeinnützige Siedlungsgenossenschaft UNION gegründet wird, die jedoch nur in Frankfurt aktiv werden kann. Daher beschließen die Bischöfe, ein überregionales Wohnungsunternehmen für ihre Diözesen zu errichten. Mit der Unterschrift am 25. März 1949 wird die Gründung der Gemeinnützige Siedlungswerk GmbH mit Sitz in Frankfurt besiegelt.

Start unter widrigen Bedingungen

Die Arbeit beginnt im Frühsommer 1949 in einem Hinterzimmer des Dompfarrhauses in Frankfurt. Der Raum ist nur notdürftig mit geliehenem Büroinventar ausgestattet und wird im Winter mit einem Rundofen beheizt, oft frieren die ersten Mitarbeiter. Vor dem Fenster türmen sich die Trümmer der zerstörten Stadt, die Notwendigkeit, Wohnungen zu schaffen, ist unübersehbar.

Doch soll die Kirche den Wohnungsbau fördern? Der einflussreiche Würzburger Bischof und spätere Kardinal Julius Döpfner prägte mit seinem Satz „Wohnungsbau ist Dombau“ die zustimmende Position. Bald steht die Notwendigkeit, durch Wohnbau Hilfe zu leisten, außer Zweifel. Der Architekt Hans Schönbein übernimmt die Geschäftsführung der GSW. Er stellt einen Bauingenieur, einen kaufmännischen Mitarbeiter und eine Stenotypistin ein. Mit nun vier Mitarbeitern bezieht die Gesellschaft Räume in der durch den Krieg teilweise zerstörten Marienschule. Dort gibt es eine eigene technische Abteilung und einen separaten Kassenraum.


Betreuung und eigene Projekte

Da der Gesellschaft zunächst Geld für eigene Bauprojekte fehlt, bemüht sie sich darum, eine finanzielle Basis zu schaffen und konzentriert sich auf die Beratung und Betreuung von Siedlungswilligen, die sich in Gemeinschaften und Genossenschaften zusammengeschlossen haben. Die Siedler bringen viel Engagement und handwerkliche Fähigkeiten mit, doch als Laien fehlt ihnen die Erfahrung bei der Finanzierung und Abwicklung.

Die Siedlungswilligen erhalten finanzielle Unterstützung und packen an vielen Stellen tatkräftig mit an. Auf vielen Baugrundstücken liegen Trümmer, die künftigen Hausbesitzer beseitigen die Überreste, auch viele Frauen räumen Steine und Beton.

Um selbst bauen zu können, braucht die GSW vor allem Geld. Nach der Gründung 1949 startet sie mit einem Stammkapital von 50.000 Mark, das die Bischöfe und Caritasverbände stiften. Auch öffentliche Mittel nutzt die GSW. So fördern manche Landkreise ab 1949 nicht nur die Ansiedlung von Industrieunternehmen, sondern auch den Bau von Wohnungen für die Arbeitskräfte.

Bei den ersten Projekten muss oft improvisiert werden, weil etwa immer noch Baumaterial fehlt. Mitarbeiter reisen bis ins Siegerland, um Alteisen zu kaufen und dieses gegen Baustahl einzutauschen. Dabei stehen der GSW nur ein gemieteter Pkw und ein Leichtmotorrad zur Verfügung, viele Fahrten zu den Baustellen werden mit der Bundesbahn unternommen. Für die Betreuung vor Ort werden freie Architekten engagiert, da die GSW zu wenig Personal für alle Aufgaben hat.

Viele Bauvorhaben kommen nach der Gründung durch die Zusammenarbeit mit Kommunen zustande. Bis Ende 1950 hat die GSW damit viele „Eigenvorhaben“ – mehr als 50 Häuser im Bistum Limburg, mehr als 30 in Mainz und mehr als 40 in Fulda – und betreut zusätzlich Bauvorhaben für Genossenschaften und ähnliche Zusammenschlüsse. Diese ersten Projekte sind bescheiden: Obwohl sich viele Familien bereits ein Eigenheim wünschen, müssen sie sich angesichts der Preise mit einer Zweizimmer-Wohnung mit Küche und einer Fläche von 50 qm begnügen.


Turbulenzen und Erfolge

Als das Bauen zu Beginn der 1950er Jahre im Rhein-Main-Gebiet wie überall in Deutschland Fahrt aufnimmt, fehlen bald Arbeitskräfte. Bei der Anwerbung scheinen finanzstarke Amerikaner im Vorteil zu sein, wie die GSW erleben muss. Beim Bau der ersten Großsiedlung in Bad Vilbel verlässt ein Polier mit seinen Arbeitern nach der Frühstückspause die Baustelle – der für einen Amerikaner tätige Bauunternehmer auf dem Nachbargrundstück hat höhere Löhne geboten. Die Zeiten sind turbulent, der Wettbewerb um die Arbeitskräfte ist hart: Bauunternehmer stehen morgens vor dem Frankfurter Hauptbahnhof und versuchen, Bauarbeiter für ihre Vorhaben zu gewinnen.

Nachdem die GSW in den ersten Jahren vor allem Kleinsiedlerstellen baute – Häuser mit Einliegerwohnungen und Gärten für die Selbstversorgung –, beginnt sie in den frühen 1950er Jahren mit den klassischen Eigenheimen bzw. Einfamilienhäusern. Das Versuchsmodell hat eine Fläche von 70 Quadratmetern.

Die „Siedler“ beteiligen sich finanziell und arbeiten in vielen Fällen weiter auf den Baustellen mit. Entsprechend ihrem Auftrag baut die GSW vor allem für Familien mit geringem Einkommen.

Bis Ende 1953 hat die GSW mehr als 400 Häuser mit mehr als 900 Wohnungen gebaut oder deren Bau und betreut, mehr als 100 Häuser befinden sich im Bau. Das Unternehmen hat wirtschaftliche Stabilität erreicht und beschäftigt mittlerweile rund 40 Mitarbeiter. Nun scheint es an der Zeit, die vorläufigen Räume zu verlassen und endlich ein eigenes Gebäude zu beziehen.

Alle Bilder: ©GSW